Die Tempelräuberin

 

Es geht um einen lange zurückliegenden Selbstmord, einen komischen Fremden, ein entführtes Kind und noch viel mehr ...
 
Laurent Barnabas Meyer, der in der Gemeinde St. Ludwig allseits beliebte katholische Priester, ist nur einer der vielen Zuschauer des beliebten Wasalaufs, als er vor den Augen seiner Freunde zusammenbricht und wenig später stirbt.
Kommissar Fischer und sein bewährtes Team nehmen die Ermittlungen auf. Sie finden heraus, dass Meyer, der in allzu vertrautem Stil mit seiner Haushälterin Piamaria unter dem Dach des alten Pfarrhauses zusammen gelebt hatte, mit Zyankali vergiftet wurde.
Was hat der Fremde damit tun tun, der Mayer seit Jahren auf Schritt und Tritt verfolgt ? Und warum verschwindet ein neugeborenes Kind?
Nach mühsamen Recherchen deckt Fischer eine geheime katholische Frauen- Organisation auf, die selbst in Rom auf der verbotenen Liste geführt wird und Laura, Fischers ältere Tochter, steckt mitten drin. Aber ist die Organisation tatsächlich verantwortlich für Meyers Tod? Und was hat das alles mit einer Selbstmörderin zu tun? Und wo steckt das Baby?


Auch als E-Book:

Bella Q., Die Eisschwestern

Bella Q., Das Lächeln der Fatima

Bella Q., Die Nacht der blauen Kinder

Bella Q., Die Tempelräuberin

 

Leseprobe:

Entsetzt wich die Ärztin vom Tisch. Sie schob sich schockiert die Schutzbrille ins Haar und ließ das Diktiergerät sinken.

„Aber... aber das ist ja furchtbar.“ Taumelnd suchte sie Halt an Bruns Ärmel. „Mark! Komm herum und schau dir das an.“

Der Kommissar sah neugierig zu ihr. „Was ist?“

Dr. Fabricius schwieg und zeigte auf Meyers Rücken. So etwas hatte sie  lange nicht mehr gesehen. Es war weiß Gott schlimm genug, was sie hier in der Rechtsmedizin alles zu Gesicht kriegten und sie war nun wirklich nicht zimperlich. Aber auf das war Cosima nicht vorbereitet. Nicht bei einem katholischen Geistlichen.

„Heidewitzka, Herr Kapitän“, murmelte Bruns, sein Vater war einst Matrose gewesen, „was haben wir denn da Böses?“

Fischer, der sich bislang in sicherem Abstand weit hinter dem Tisch postiert hatte (Cosima wusste, dass er es hasste, immerzu den Sektionen beiwohnen zu müssen), trat an den Tisch.

„Was ist das denn“, raunte er und sah dabei zu Zach, „so ein grandioser Mist.“

Meyers Rücken und Gesäß waren von oben bis unten mit unzähligen größeren und kleineren Narben übersät. Hässliche Wülste durchzogen die Haut wie ein Webmuster und einige tiefe rote Striemen zeigten, dass diese aktuell zugefügt worden waren. Dr. Fabricius atmete tief durch. „Die sind noch ziemlich frisch, höchstens ein oder zwei Wochen alt“, versuchte sie die Verletzungen einzuordnen und zeigte auf die neueren Schrammen, „und ich tippe auf Peitschenhiebe oder so was in der Art.“

„Möglich“. Zach sah in die Runde. „In Afrika hab ich so was häufiger gesehen. Diese Verletzungen könnten von einer oder mehreren Gerten stammen.“

„Man kennt sich aus“, hörte Cosima den Kommissar flüstern, „na, prima.“

Dr. Fabricius sah zu Fischer. Er wirkte wie betäubt, kein Wunder, galt der Pfarrer doch als so umgänglich und beliebt. Und nun das? War er etwas abartig gestrickt? Oder „nur“ ein Geißler? Waren es möglicherweise Zeichen von Flagellantismus? Was würden sie bei den Ermittlungen noch alles herausfinden? Es dürfte Mark- Heinrich Fischer mit Sicherheit kaum gefallen, wenn er in den Abgründen Meyers, Neigungen, Cosima wollte es kaum glauben, zu Sadomaso- Techniken erkennen müsste. Sie schluckte. Der Kommissar tat ihr plötzlich unendlich leid. Sein religiöses Gefüge geriet gerade in Schieflage, alles woran seine Familie festhielt, fiel in sich zusammen wie ein Kartenhäuschen. Jegliche Werte, an denen sich die Fischers orientierten, schienen sich gerade hier auf dem Seziertisch aufzulösen wie Frühnebel im Sommer. Es reichte nicht, dass der Tote angeblich Vater eines neugeborenen Mädchens war, wie Mark sie gestern noch informiert hatte, und nun auch das noch? Andererseits, versuchte Dr. Cosima Fabricius sich selbst zu beruhigen, er konnte auch misshandelt worden sein. Nur, wer würde so etwas heutzutage tun? Alle dachten wohl ähnlich und sahen sich betroffen an. Wir leben im 21. Jahrhundert, schrie es stumm aus der Ärztin, und laut sagte sie: „An die Arbeit.“

So widerwillig wie professionell betrachtete sie nun die alten Vernarbungen, dann die tiefen roten Striemen und versuchte dabei, sie als versierte Medizinerin zu analysieren und nicht als Frau mit einem gesunden Schmerzempfinden.

„Ich will jetzt nur Fakten hören, kommt mir hier bloß nicht mit dreckigen Vermutungen“, hub Fischer streng an und starrte noch immer auf Meyers Rücken, „schon gar keine in der Richtung... ihr wisst schon... BDSM und so.“

„BDSM“, fragte Christiane Levy unschuldig, die noch nicht allzu lang der PI angehörte, „was ist das denn?“

„Irgendwas mit Bondage, Sadism Masochism. Nennt man auch Kinky- oder Ledersex“, klärte Raffael Zach die Fotografin sachlich auf und erntete dafür von Fischer einen schmerzlich verzerrten Blick.

„Das hier ist nichts dergleichen, Leute, kein Schmutz, dafür leg ich meine Hand ins Feuer“, fuhr Fischer in die Runde fort, „klaro?“

Die Umstehenden nickten, Cosima Fabricius sah forschend zu Fischer. Seine Reaktion fiel allzu heftig aus. Sie bemerkte, dass seine Gesichtsfarbe irgendwo zwischen grau und grün hin und her changierte. Zudem, so stellte sie irritiert fest, hatte der Kommissar Tränen in den Augen. Der Anblick erschütterte sie zutiefst. Der starke Kommissar war am Einknicken. Das hatte sie in all den Jahren, die sie bislang zusammen gearbeitet hatten, noch nie erlebt. Niemals.


4.1.2014 HAZ
4.1.2014 HAZ
A.Babel CZ 03.01.2014
A.Babel CZ 03.01.2014